ELTERLICHE SORGE

Wem steht die elterliche Sorge während der Trennungszeit zu?

Sämtliche Ausführungen zur elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind betreffen sowohl den Zeitraum des Getrenntlebens als auch den Zeitraum nach der Scheidung. Nach der vor dem 01.07.1998 geltenden Regelung musste das Familiengericht bei der Scheidung bestimmen, welchem Elternteil die elterliche Sorge für ein gemeinsames Kind zustehen soll. Diese Regelung gilt nicht mehr. Nunmehr muss das Gericht nicht mehr dafür entscheiden, wem die elterliche Sorge zusteht. Das Gesetz geht von der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Der Rechtsanwalt muss im Scheidungsantrag nur vortragen, dass sich beide Eltern über die gemeinsame elterliche Sorge einig sind. Sofern sich die Eltern darüber nicht einig werden sollten, muss die elterliche Sorge begehrende Partei beantragen, dass ihr die elterliche Sorge alleine übertragen wird. Stimmt der andere Elternteil nicht zu, muss das Gericht nach der Anhörung beider Elternteile entscheiden, und zwar meist anhand der nachstehenden Kriterien: a) Wer ist eher geeignet, die Interessen des Kindes zu fördern? b) Bei welchem Elternteil ist eine kontinuierliche Entwicklung besser gewährleistet? c) Zu welchem Elternteil werden die Bindungen des Kindes zu den Geschwistern am besten gewahrt?

Kommt das Gericht anhand des Berichtes des zuständigen Jugendamtes sowie unter Umständen anhand von Sachverständigengutachten – die man einem Kind möglichst nicht zumuten sollte – zu dem Ergebnis, das einer der Elternteile besser geeignet ist, die elterliche Sorge wahrzunehmen, so wird diesem die elterliche Sorge übertragen.

Wie ist es, wenn beide Elternteile beantragen, ihnen die elterliche Sorge jeweils alleine zu übertragen?

Das Familiengericht kann beide Anträge zurückweisen, sodass es bei der gemeinsamen elterlichen Sorge bleibt. In manchen Fällen wird es den Gerichten allerdings durch die Parteien sehr schwer gemacht, eine sachgerechte Lösung zu finden. Beachten Sie, dass eine solche Vorgehensweise dem Kindeswohl schaden kann. Das Gericht kann selbstverständlich auch nur einem Elternteil die elterliche Sorge zuweisen.

Kann die elterliche Sorge auch auf den Vater allein übertragen werden?

Selbstverständlich können auch Väter die elterliche Sorge erhalten. Dies ist jedoch aufgrund der tatsächlichen Lebensumstände seltener der Fall. Es kommt beispielsweise in den Fällen vor, in denen die Kindesmutter Alkoholikerin ist oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, die Kinder zu erziehen. Wenn sich beispielsweise der Vater immer um die Kinder gekümmert hat, dass der Vater die elterliche Sorge wahrnimmt.

Spielt der Wille des Kindes eine Rolle, wenn die Eltern sich über die elterliche Sorge streiten?

Das Gericht kann das Kind dazu befragen, bei welchem Elternteil es sich aufhalten will. Die Richter haben ausreichend Erfahrung um zu erkennen, ob die Kinder durch den einen oder anderen Elternteil beeinflusst werden. Hat der Richter Zweifel, wem die elterliche Sorge zu übertragen ist, beauftragt er einen Sachverständigen, der sich ausgiebig mit dem Kind beschäftigt und aufgrund seiner Schlüsse ein Gutachten und eine Empfehlung abgibt. An dieses Gutachten halten sich Gerichte im Regelfall. Hier ist aber an die Eltern zu appellieren, dem Kind ein derartiges Gutachten zu ersparen, führt dies doch oft zu erheblichen Gewissenskonflikten des Kindes beiden Elternteilen gegenüber. Gutachten werden meist über Kindes im Alter zwischen 4 bis 14 Jahre eingeholt. Sind die Kinder älter als 14, werden sie meist schon einen so konkreten eigenen Willen haben, dass ein Gutachten letztlich nicht weiterhilft. Sind die Kinder jünger als 4 Jahre, lässt sich sicherlich die Frage der Geeignetheit eher an den Eltern als an den Kindern beurteilen. Es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an.

Was ist, wenn ein Elternteil weiter wegzieht?

Die Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Entscheidend ist auch hier, wo das Kind besser gefördert werden kann, zu wem das Kind die emotional intensivere Beziehung hat. Grundsätzlich müssen sich beide Eheleute darüber einig sein, welche Schule das Kind sodann besuchen soll. Einigt man sich nicht, muss auch hier das Gericht nach den Kriterien entscheiden, die das Wohl des Kindes fördern. Fragen Sie Ihren Anwalt.

Was macht ein Gutachter in dem Verfahren?

Der Gutachter führt mehrere Gespräche mit allen Beteiligten, auch eventuell mit neuen Partnern des einen oder anderen Ehegatten. Er erläutert sein Gutachten sodann im Beisein der Parteien vor Gericht. Anhand der Ausführungen des Gutachters trifft das Gericht seine eigene Entscheidung. Das Gericht ist nicht an den Vorschlag des Gutachters gebunden, wird ihm im Regelfall jedoch folgen.

Welche Möglichkeiten bestehen, wenn im Inland ein Kind „entführt“ wird?

Es ist zu unterscheiden, ob das Kind innerhalb Deutschlands entführt wird und dort verbleibt oder aber, ob das Kind in das Ausland entführt wird. Hierbei ist es zunächst nicht von Bedeutung, ob beide Parteien oder nur eine Partei die elterliche Sorge wahrnehmen. Kommt das Kind nach einem Besuch beim jeweils anderen Elternteil nicht zurück, so kann der andere Elternteil, bei dem das Kind eigentlich lebt, das Kind über das Gericht „heraus“ verlangen. Dieses Herausverlangen muss aber dem Kindeswohl entsprechen. Davon ist grundsätzlich auszugehen, da sich die Eltern sicherlich nicht ohne Grund über den bisherigen Aufenthaltsort einig waren. Sofern jedoch neue Gesichtspunkte hinzukommen, muss der die elterliche Sorge nicht wahrnehmende Elternteil dem Gericht erklären, aus welchen Gründen es sich verbietet, das Kind wieder zurückzubringen. Entscheidend ist immer das Kindeswohl. Drängt die Zeit, was bei solchen „Entführungen“ meist der Fall sein wird, so muss ein Eilverfahren bei Gericht beantragt werden, über das der Richter dann sofort entscheidet, wenn auch er die Entscheidung über das Gesuch für eilbedürftig hält. Weigert sich nach entsprechendem Beschluss der andere Elternteil, das Kind herauszugeben, kann mit Zwangsgeld oder Zwangshaft gegen ihn vorgegangen werden. Notfalls kann das Kind mit Gewalt durch Gerichtsvollzieher und Polizei – niemals die Polizei alleine – abgeholt werden. Dass damit der andere Elternteil das Recht auf den Besuch des Kindes oder gar auf die gemeinsame elterliche Sorge verlieren kann, ist selbstverständlich.

Was haben die Staaten bei Kindesentführungen über Landesgrenzen hinweg vereinbart?

Es gibt rechtliche Grundlagen, anhand derer derartige Fälle zu regeln sind. Zum einen handelt es sich um das Haager Übereinkommen vom 25.10.1980, das europäische Sorgerechtsübereinkommen vom 20.05.1980 sowie das Haager Minderjährigenschutzabkommen. Ziel all dieser Übereinkommen war es, ein Kind im Falle einer Entführung durch einen Elternteil in den Haushalt zurückzubringen, in dem es zuvor lebte. Ausschlaggebend ist also der ursprüngliche Beschluss bzw. die ursprüngliche Entscheidung des Gerichtes. Das Haager Übereinkommen gilt nur für Kinder unter 16 Jahren, die vor der Entführung in einem Staat lebten, der sich dem Haager Übereinkommen angeschlossen hat und wenn das Kind in einen dieser Vertragsstaaten entführt wurde. Dies sind derzeit außer Deutschland: Australien, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Kanada, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, die Schweiz, Spanien, Ungarn und die USA. Die Rückführung erfolgt, wenn die Mitnahme des Kindes widerrechtlich war. Widerrechtlich ist die Entführung wenn der Eltern teil, der die elterliche Sorge nicht inne hat, das Kind ohne Absprache und Duldung des sorgeberechtigten Elternteils übernimmt und nicht wieder zurückbringt. Um einen Rückführungsantrag stellen zu können, muss eine so genannte Widerrechtlichkeitsbescheinigung vorgelegt werden. Diese erteilt das Familiengericht. Sollte Sie ein solcher Fall treffen, ist es das Einfachste, zunächst den Generalbundesanwalt am Bundesgerichtshof in Karlsruhe anzurufen. Die dort zuständigen Sachbearbeiter sind sehr qualifiziert und motiviert und helfen Ihnen sofort weiter. Das europäische Sorgerechtsübereinkommen gilt in Belgien, Großbritannien, Frankreich, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, der Schweiz, Spanien und Zypern. Danach wird jede Sorgerechtsentscheidung, die über ein noch nicht 16 Jahre altes Kind in einem Vertragsstaat ergangen ist, in jedem anderen Vertragsstaat anerkannt und durchgesetzt. Das Haager Minderjährigenschutzabkommen regelt die internationale Zuständigkeit der Gerichte und die Frage, welche Rechtsordnung eines Landes gilt. Es gilt für Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Portugal, Spanien, die Schweiz und die Türkei und regelt die Rückführung des Kindes. Problematisch ist, dass man diesen Rückführungsanspruch zum Teil nur sehr schwer durchsetzen kann.

Menü schließen